Kontenpunkt 1: Toleranz
„Erste Debatten: Toleranz, Ausgrenzung und Verfolgung im Mittelalter“ von Prof. Dr. Amalie Fößel, Essen
In multikulturellen und multireligiösen Gesellschaften ist ‚Toleranz‘ eine praktische Tugend und notwendig für ein friedliches Zusammenleben. Doch tolerant zu sein, ist oftmals „einfach schwer“, so Joachim Gauck. Was also ist Toleranz? Erste Debatten dazu wurden in Spätantike und Mittelalter geführt. Darauf basieren unsere modernen pluralistischen Vorstellungen von Toleranz.
Der Vortrag skizziert Konzepte und Kontexte religiöser, kultureller und politischer Toleranz und Ausgrenzung im Mittelalter. Grundlegend sind die Überlegungen des Kirchenvaters Augustinus zum Umgang mit Mitchristen und Andersgläubigen und die lange Rezeption seiner Argumente zwischen Duldung als christlicher und sozialer Grundtugend und staatlichem Zwang. Darüber hinaus wird zu erklären sein, warum gegenseitige Duldung und friedliche Koexistenz der Religionen und Kulturen immer wieder scheiterten und zu Konflikten und Verfolgung führten. Die Kreuzzüge ins Hl. Land, die Verfolgung der Juden und die Entstehung der Häresien markierten Wendepunkte, stellten Kirche und Staat vor neue Herausforderungen und befeuerten die Debatten. Der ambivalente Diskurs über die Ketzer als ‚Abweichler‘ vom rechten Glauben zeigt das Dilemma zwischen Toleranz und Verfolgung.